Die Entstehung der Wallfahrt nach Pertolzhofen liegt im geschichtlichen Dunkel. Sie kann jedoch eindeutig ins Mittelalter gelegt werden. Die Ortslegende nimmt an, dass Berthold von Seinsheim den Ort gründete und zuerst am Zusammenfluss des Wolfsbaches mit der Murach eine hölzerne Kapelle errichten ließ, geweiht der Gottesmutter Maria. »Viele, von Vertrauen hingezogen, besuchten diesen heiligen Ort, und bald verbreitete sich der allgemeine Ruf bis in das benachbarte Böhmen so zwar, dass für die vielen Wallfahrer, deren Opfergaben so weit hinreichten, ein kleines Kirchlein mit einem massiven Turm erbaut werden konnte."
Expositus Schraml gab 1876 in seinen Notizen für den Kirchenbau das Jahr 1322 an. Der Turm mit dem romanischen Kreuzgewölbe im Erdgeschoss ist jedoch 1150 entstanden. Es wäre denkbar, dass Schraml eine Quelle kannte, die auf einen Erweiterungsbau 1322 hinwies. Für die Entstehung der Marienwallfahrt ist kein Anlass, kein Wunder bekannt. Das Vorhandensein eines bedeutenden Marienbildes reichte in gotischer Zeit aus, Gläubige anzuziehen. Alle Urkunden geben der Filialkirche von Pertolzhofen den Namen »Zu unsrer lieben Frau« so auch die ältesten Kirchenrechnungen zwischen 1487 und 1514. 24 Jahre nach Einführung der Reformation in der Kurpfalz bereiste eine Visitation die landsässischen Pfarreien. Sie besuchte auch die Filiale Pertolzhofen, wo sie berichtete, dass »die Tafeln mit dem Frauenbild auf dem Altar sind, doch kann man sie zumachen. Außerdem ist ein Taufstein vorhanden...... « Der Bericht zeigt eindeutig, dass Pertolzhofen eine Marienwallfahrt besaß, die unter den edelmännischen Kirchen eine Sonderstellung einnahm. Der Umfang der Wallfahrt wurde als beträchtlich angesehen, der Kurfürst aufgefordert in diesem Sonderfall einzuschreiten. Für die Calvinisten war das Tun der Wallfahrer eine Versündigung.
Pfleger Wolfgang Pulnhover berichtete 1621 an den bairischen Kurfürsten Maximilian von einem Vorgang, der sich am Ende der calvinistischen Zeit ereignet hatte. Pulnhover wählte die Form eines amtlichen Protokolls. Er schrieb:
»Hans Thomas von und zu Bertoldshofen hat in seiner Hofmark eine Kapelle, ubi Beata Maria Virginis Patrona, dahin vorzeiten eine große Kirchfahrt gewest, welche bishero viel Lutherische besuchet.«
Damit ist die Wallfahrtstradition aus gotischer Zeit über die ganze Reformationszeit amtlich bestätigt. Der Pfleger berichtete anschließend, dass
»zwei Untertanen auf dem Berge Murach leben, deren Kinder mit der schweren Krankheit behaftet waren«.
In ihrer Not versprachen die beiden Bauern der Muttergottes von Pertolzhofen jedes Jahr ein schlichtes Opfer, wenn ihre Kinder geheilt würden. Und von nun an hatten die Kinder keine Anfälle mehr. Doch mit der Zeit vergaßen die Bauern ihr Versprechen, sie brachten keine Gabe mehr zum Gnadenbild. Im selben Jahr setzte die Krankheit wieder ein...
»und so sie solches nicht kontinuiert (fortgesetzt), sind die Kinder bis zur wirklichen Ausrichtung des Opfers gemartert worden«.
Die Quelle beweist, dass auch Kranke nach Pertolzhofen kamen. Schon 1626 hatte Pfarrer Wolf aus Oberviechtach versucht, die Kirche in Pertolzhofen zu öffnen. Anlass dazu war ein Gelübde, das der Markt Oberviechtach ablegte. Als die Prozession vor dem acht Kilometer entfernten Dorf Pertolzhofen an der Grenze der Hofmark ankam, ließ Pfarrer Wolf die Gemeinde halten und schickte zwei Abgesandte nach Pertolzhofen, die Hans Thomas von Bertoldshofen freundlich erklären sollten, zu welchem End die Gemeinde gekommen sei, es werde weder Predigt noch Messe gehalten, sondern allein die Gabe Gott dem Allmächtigen aufgeopfert und ein Gelübde vollzogen. Der Junker möge ihnen eine halbe Stunde die Kirche vergönnen. Hans Thomas habe von dem Vorhaben der Oberviechtacher bereits einen Vorgeschmack gehabt und stand allbereit im Dorf neben seine Untertanen. Er empfing die Abgesandten mit:
»gotteslästerlichem Fluchen, hunderttausend Sakrament, diesen verbis formalibus: der Pfaff möge draußen bleiben oder er wolle ihm die Kissen ausstauben, er wolle Leib und Leben bei ihm lassen, er soll nicht kommen, tot müsse er ihm haben.«
Pfarrer Wolf war in eine schwierige Lage geraten. Er sprach seinen Wallfahrern gut zu, sie möchten keinen Abscheu nehmen. Dann marschierte die Prozession auf Pertolzhofen zu. Auf der Brücke über die Murach, einen Büchsenschuss vom Dorf entfernt, versperrte Hans Thomas mit seinen Grundholden den Weg. Pfarrer Wolf grüßte freundlich und brachte nochmals sein Begehren vor. Mit
» Poltern und Schnarchen«
und noch gemeineren Schimpfnamen lehnte Hans Thomas ab. Der Junker habe sogar
»mit dem bei sich habenden Stecken dreimal nach ihm gezuckt«,
doch Pfarrer Wolf ließ sich nicht abschrecken. Er sprach nun zur Gemeinde, dieses Benehmen sei weder lutherisch noch calvinisch, sondern gar türkisch. Er forderte die Gemeinde auf, sich im Angesichte der Gnadenkirche niederzuknien. Hans Thomas hat während des Gebets
»ein Gestör und Gelächter getrieben, der Mutter Gottes Namen verachtet, so dass teilweise seine Untertanen selbst bei dem Gebet geweint und zweifelsohne über ihres Junkers Unfug ein Mißfallen getragen.«
Der 17. Januar 1628 ist ein denkwürdiger Tag in der Kirchengeschichte Pertolzhofens. Der Kurfürst wollte die Öffnung der Wallfahrtskirche, wenn nötig, mit Gewalt erzwingen. Pfleger, Pfarrer Wolf und einige Bewaffnete erschienen im Dorfe und verlangten im Schlosse die Herausgabe der Schlüssel. Hans Thomas war nicht anwesend. Der jüngere Sohn des Junkers verweigerte die Herausgabe des Schlüssels. Da entschloss sich der Pfleger, Gewalt anzuwenden. Die mit Schießgewehren bewaffneten Männer umstanden den Eingang, während die Türe aufgesprengt wurde. Der Pfleger schützte die Aktion mit vorgehaltener Pistole. Dann betraten die Oberviechtacher das Marienkirchlein, und Pfarrer Wolf las nach über 70 Jahren wieder eine katholische Messe vor dem Gnadenbild. Die Wallfahrt zum gotischen Gnadenbild auf dem Flügelaltar nahm weiter zu. Bis aus Böhmen sollen die Wallfahrer gekommen sein. Das kleine Kirchlein konnte die Wallfahrer nicht mehr fassen. Deshalb entschloss sich der letzte Bertoldshofer, eine große Wallfahrtskirche bauen zu lassen. Das Gesuch an den Bischof von Regensburg ist im Diözesanarchiv Regensburg erhalten. Am 20. April 1697 schrieb Kaplan Wenhardt vom Dekanat Nabburg an den Bischof:
»Das Kürchlein des Friedrich Ludwig von Bertoldshofen ist an heiligen Frauenfesten bei ankommender Menge des Volks gar zu eng und klein«.
Die Baulast trage zum großen Teil der Hofmarksherr, außerdem seien daselbst Kirchenmittel zum Bau vorhanden. Am 4. Mai 1697 gab der Bischof an das Dekanat Nabburg die Genehmigung zum Bau.
Den Höhepunkt der Wallfahrt bildete das 100. Jubiläum des Kirchenbaus, zu dem Papst Pius Vl. einen Ablass erlassen hatte. 24000! Kommunionen sollen innerhalb von 14 Tagen ausgeteilt worden sein. Eine Vorstellung vom Jubiläum gibt die Verkündigung, welche in den Kirchen der weiten Umgebung verlesen wurde. Gegenwärtiges laufendes 1799te ist auch zugleich das Jubel- oder hundertste Jahr von wiederumiger Erbauung des Löblichen Marianischen Wallfahrtsgotteshauses zu Bertholdshofen. Dieses hohe Andenken nun mit all aus dem Lande möglicher Feierlichkeit zur Vergrößerung der Ehre der seligsten jungfräulichen Mutter Mariens und mehrerer Beförderung des christgläubigen Seelenheils zu begehen, wird in besagter löblicher Wallfahrtskirche von dem letzten Sonntag gegenwärtigen Monats September oder dem Fest Michaelis angefangen bis auf den ersten Sonntag Oktobris inclusi jeden Tags in der Frühe um 7 Uhr eine Hl. Meß, um 9 Uhr Hochamt und Predigt, nach denselben abermal eine heil. Meß, und Nachmittags um 2 Uhr eine solemne Lytanei, den letzten Tag aber zum Beschluß das Tedeum und Prozession gehalten werden; zu mehrerer Beförderung dieser frommen Absicht haben auch S. päpstl. Heiligkeit Pius der Sechste nicht nur allen Christgläubigen diese ganze Oktav hindurch nach abgelegter reumütiger Beicht, empfangener Kommunion, und allda nach Meinung der Christkatholischen Kürche verrichtetem Gebet mit 7 Vaterunser und Ave Maria, dann dem christl. Glauben hier in dem Tag einen Vollkommenen Ablaß gnädigst verliehen, sondern auch den Beichtvätern ihre Gewalt dermassen extendiert, daß selbe wie zur Zeit eines anderen Jubilaei sowohl die einfache Gelübde der Beichtenden in andere gottgefällige Werke umändern, als auch von allen, und in den Sünden zensüren, und kanonischen Strafen, selbst jenen, welche sonst nur dem apostolischen Stuhle vorbehalten waren Vollkommene Lossprechung ertheilen können.
An welch großen Gnaden Schatz Teil zu nehmen alle und jede nach Standes gebühr freundlichst berufen und eingeladen werden. Die Gründe für den Untergang der blühenden Wallfahrt im 17. und 18. Jh. sind in der wallfahrtsfeindlichen Politik des Grafen Montgelas und die Verflachung der Religiösität in dieser Zeit zu vermuten. Um so schöner ist es, dass in unserer moderen und kurzlebigen Zeit immer mehr Wanderer, Radfahrer und sonstige Reiselustige unsere wunderschöne Marienwallfahrtskirche besuchen.